Tante Millis "Haus Atlantis"

Emilie Schmütz, auf der Hallig unter dem Namen "Tante Milli" bekannt, gehörte zu den ersten Hoogern, die Bade Gäste in ihrem Haus unterbachten (siehe dazu den folgenden Zeitungsartikel "Seit 50 Jahren Halliggast"). Doch die schwere Sturmflut von 1962 machte auch vor Millis Haus keinen Halt. Der "Blanke Hans" tobte über die Ipkenswarft und ließ die Wände des alten Reetdachhauses einstürzen. Die Schäden waren so groß, dass das ganze Haus eingerissen werden musste. An gleicher Stelle ließ Tante Milli ein neues Hallig-Haus errichten und beherbergte seit dem Jahr für Jahr viele Gäste in ihrem "Haus Atlantis". Mit Mitte 90 verließ Emilie Schmütz schließlich die Hallig und zog zu ihrer Tochter nach München. So lag das Haus einige Jahre im Dornrößchen Schlaf, bis Millis Tochter entschied Haus und Grundstück zu verkaufen...

Zeitungsartikel

Der Geehrte und sein Sohn mit dem Treuegeschenk. Foto: hn
Der Geehrte und sein Sohn mit dem Treuegeschenk. Foto: hn

Seit 50 Jahren Halliggast: Pudelmütze gehört dazu


 

28. Mai 2009 | 00:00 Uhr | Von hn


 

 

 

 

 

Um die Erkältungskrankheiten seiner Kinder in den Griff zu bekommen, kam Johann Wätjen erstmals als Feriengast auf die Hallig Hooge. Jetzt wurde der 85-Jährige für seine lange Treue geehrt.


Hallig Hooge. Für 50-jährige Halligtreue wurde Johann Wätjen aus Preetz mit einer Urkunde und einem Bildgeschenk vom zweiten stellvertretenden Bürgermeister Frerk Rolfs geehrt. Bei einer Kaffeetafel gab es viel zu erzählen. Mit dabei: Sohn Jürgen Wätjen, die Lebensgefährtin des Geehrten und die heutigen Gastgeber.

Der Hausarzt hatte dem Familienvater vor fünf Jahrzehnten empfohlen: "Fahren Sie an die Nordsee wegen der ständigen Erkältungskrankheiten Ihrer Kinder." Familie Wätjen las eine kleine Annonce in der Heimat zeitung. Da bot eine Frau Schmütz auf der Ipkenswarft auf Hooge Übernachtung mit Küchenbenutzung an. Der Preis: Erwachsene 2,50 Mark, Kinder zwei Mark. Das war für die junge Familie finanzierbar.

Das Gepäck wurde postlagernd vorausgeschickt, per Bahn und Bus machte man sich, unter anderem bekleidet mit Hut, Sommermantel und Regenschirm, über Kiel und Husum auf die Reise. Der Hafen Schlüttsiel war gerade fertig, aber noch nicht befestigt. Bei Starkwind schaukelte das 25 Personen fassende Schiff heftig auf den Wellen, und auf Hooge musste man den richtigen Moment abpassen, um den Sprung an Land zu schaffen.

"Gleich in der ersten Nacht wurden wir von der Wirtin geweckt. Wir mussten alle bei einem heftigen Gewitterschauer helfen, Regenwasser aufzufangen, das vom Reetdach floss," erzählte der Jubilar. Und weiter: "Trinkwasser war damals kostbar auf den Halligen, aber", so fügte er lächelnd hinzu: "Wir hatten in den zehn Tagen keine Not, wir hatten Ende Juli zehn Tage Regen." Enstprechend dachte die Wirtin, Emilie Schmütz, bei der Abreise: "De sehn wi hier nie wedder." Aber Familie Wätjen gab nicht klein bei.

Von der Gemeinde Hooge gab es ein Stempelheft für Halligaufenthalte mit Treueprämien-Versprechen. Im folgenden Jahr war die Familie wieder da. Statt der Sommermäntel trugen sie diesmal Anoraks. Der Hut wurde gegen eine weiße Pudelmütze eingetauscht, die noch heute das Markenzeichen von Johann Wätjen auf Hooge ist. Selbst 1962 nach der großen Sturmflut, bei dem das alte Haus von Emilie Schmütz zerstört worden war, reiste die Familie an. "Wir wohnten bei ihr im Rohbau, ohne Türen."

Langweilig war es auf Hooge nie - da sind sich Vater und Sohn einig. Würmer graben, Angeln, Butt pricken, Wattwanderungen, beim Bauern in der Heuernte helfen - "we han immer wat to doon". Erlebnisse waren stets die Wattwanderungen der Gastgeberin mit allen Hausgästen. Besonders in Erinnerung ist den Preetzern eine Wattwanderung nach Norderoog. Eine Dame mit Beinprothese schaffte auch gut den Marsch übers Watt. Nur auf der Rücktour musste sie von Vater Wätjen gestützt werden. Der Grund: Die Prothese aus Hartpappe erlebte einen Auflösungsprozess. Sohn Jürgen, damals etwa elf Jahre alt, musste die Reserveprothese holen. Im Dauerlauf einen Kilometer durchs Watt, einen Kilometer über die Hallig, Türschlüssel unter der Fußmatte hervorkramen, Prothese aus dem Karton unterm Bett holen, damit den gleichen Weg mit dem Bein über der Schulter wieder zurück . . .

Im vergangenen halben Jahrhundert erlebte Johann Wätjen den Fortschritt der Hallig mit, den Stromanschluss, die Trinkwasserversorgung, die Verbesserung der Fährverbindung und die Entwicklung für den Fremdenverkehr. Noch heute besucht der 84-Jährige regelmäßig seine ehemalige, inzwischen 95 Jahre alte Vermieterin, und bei Kaffee und Kuchen "ward natürlich veel schnackt vun ole un hütige Tieten".